Laudatio von Beirat Christian Kegel anlässlich der Verleihungsfeier im Traunsteiner Forum Klosterkirche
Was würde wohl Max Fürst zu Richard Kraft sagen, wenn er ihm heute persönlich zur Verleihung des gleichnamigen Preises gratulieren, besser noch ihm diesen selbst übergeben könnte? Vielleicht würde er anmerken: Ich weiß nicht, ob er so gut malen kann wie ich, aber in jedem Fall ist er Urheber mehrerer überaus prägender Bilder dieser Stadt und seiner Geschichte. Und wenn er dann den Richard Kraft gegoogelt hätte, damals hätte man noch Zeitungen und Archive durchstöbert, dann wäre ihm aufgefallen: Er führt seit 40 Jahren gekonnt den Pinsel über das Historiengemälde dieser Stadt, übrigens sei hinzugefügt, mit der gleichen Akribie und dem gleichen Beharrungsvermögen wie vor über 100 Jahren der große Sohn Traunsteins z.B. bei den Deckenbildern in St.Oswald. Bestimmt würde er noch anmerken: Schön Sie kennenzulernen und meine allerherzlichsten Glückwünsche zu dieser Auszeichnung.
Und dann würde er vielleicht neugierig weiter fragen: Wo befinden wir uns denn heute eigentlich? Das Gebäude kommt mir sehr bekannt vor. Aber ja, genau, das muss die Klosterkirche sein. Gut schaut sie aus, jedenfalls noch viel besser als zu meiner Zeit. Wie schön, würde Max Fürst anmerken wollen, dass sie nicht nur erhalten, sondern sogar zu einem richtigen Kulturforum ausgebaut wurde. Aber jetzt heißt es ja neuerdings gar nicht mehr Kulturforum Klosterkirche, sondern Kulturforum Traunstein. Gab‘s einen Grund, den mit breitem Konsens unter Beteiligung der Bürgerschaft erst vor etwa 4 Jahren gewählten Titel wieder aufzugeben? Doch nicht etwa eine „Damnatio memoriae“. So nannte man das im Altertum, wenn die Erinnerung an Personen oder Ereignisse von den jeweils nachfolgenden Regierenden ausgelöscht wurden. Ich bin mir sicher, dass die Klosterkirche es mehr als verdient hat, auch namentlich zentraler Bestandteil des Kulturforums zu bleiben, sowohl als äußeres und damit stadtbildprägendes Zeichen für die großartige Geschichte dieses denkmalgeschützten Bauwerkes an sich, aber auch als ehrenvolle Erinnerung an alles, was sich darin über Jahrhunderte ereignet hat, nicht zuletzt in den vergangenen 30 Jahren unter Federführung der städtischen Galerie und der - leider aufgelösten - Kulturfördervereinigung ArTS. Kulturforum Traunstein klingt für mich ein bisschen so, als könne es überall in Traunstein stehen und vieles damit gemeint sein, die Klosterkirche bildet aber doch unzweifelhaft den Mittelpunkt des ehemaligen Kapuzinerklosters und jetzigen Kulturforums an genau dieser Stelle.
Neugierig wie Max Fürst nun einmal ist, würde er sich ganz bestimmt für die Anwesenden hier interessieren. Wer sind denn, würde er wissen wollen, die ganzen Leute in diesem herrlichen Raum? Da kenne ich, ich bitte um Verzeihung, ja nun wirklich niemanden mehr, außer vielleicht den Fritz Stahl, denn der ist ja mein Kollege als Ehrenbürger dieser Stadt.
Die Vorstellung all der zahlreichen Honoratioren hat dankenswerterweise Gernot Pültz, der erste Vorsitzende des Historischen Vereins, bereits vorgenommen. Daher gestatten Sie mir bitte, dass ich die Liste der Ehrengäste kein zweites Mal vortrage. Ich freue mich sehr, dass soviele Menschen der heutigen Einladung gefolgt sind, um Dir, lieber Richard, die Ehre zu erweisen. Stellvertretend darf ich den Oberbürgermeister der Stadt Traunstein, Herrn Dr. Christian Hümmer, den Landrat, Herrn Siegi Walch sowie den Ehrenbürger unserer Stadt, Herrn Altoberbürgermeister Fritz Stahl, willkommen heißen. Ganz herzlichen Dank für Euer, und natürlich für Ihrer aller Kommen.
Zwei Personen möchte ich aber natürlich ganz besonders herausheben, den neuen Max-Fürst-Preisträger, meinen Freund Richard Kraft und seine liebe Frau Christine. Herzlich willkommen, ihr beiden!
Lieber Richard, ich freue mich, wir alle freuen uns sehr für Dich und mit Dir. Heute erfährst Du eine wirklich verdiente Auszeichnung, und eine ganz besondere noch dazu. Es ist mir dabei eine außerordentliche Freude, dass Du mir die Ehre zugetragen hast, die Laudatio auf Dich halten zu dürfen, auf einen Menschen, der unvergleichlich ist – wie die Stadt, in der er geboren wurde, aufgewachsen und mit jungen 80 Jahren nach wie vor zu Hause ist, mag auch dein Wohnhaus in Aberg schon zu Grabenstätt gehören. Wenn Sie nun schon zu Beginn der Laudatio wissen wollen, wofür Richard Kraft genau ausgezeichnet wird, dann möchte ich ohne Übertreibung sagen: für ein Lebenswerk, für unnachahmlichen Einsatz und Beharrlichkeit bei der Erhaltung und Wiederherstellung des wunderschönen Stadtbildes seiner Heimatstadt Traunstein. Sozusagen Heimatforschung mit hochgekrempelten Hemdsärmeln.
Lieber Richard,
wir haben uns heute alle zu Deinen Ehren versammelt. Schon im Satzungszweck des Historischen Vereins ist festgehalten, dass er, der Verein, sich um die Erforschung der Regionalgeschichte bemühen und diese lebendig erhalten möchte. Als äußeres Zeichen dafür und in Dankbarkeit für diejenigen, die sich darum in herausragender Weise verdient gemacht haben, vergibt er seit dem Jahre 2002 den Max-Fürst-Preis.
Und heute nun stellen wir Dich, lieber Richard, den nunmehr 22. Preisträger, in diese so illustre Reihe Deiner Vorgänger. An dieser Stelle begrüße ich ganz herzlich alle anwesenden Preisträgerinnen und Preisträger früherer Jahre.
Richard Kraft heißt übrigens nicht umsonst Richard Kraft. Er trägt schon allein seinen Nachnamen völlig zu Recht, denn was er sowohl in seinem Beruf als Dachdeckermeister als auch in seinem Ehrenamt als jahrzehntelanger Vorsitzender des Fördervereins Alt-Traunstein geleistet hat, wäre ohne seine schier unerschöpfliche „Kraft“, physisch wie psychisch, nicht denkbar gewesen. Und auch sein Vorname ist mehr als bezeichnend und passt perfekt zu seinem Nachnamen. Richard bedeutet nämlich im Altdeutschen „der Reiche und Starke“. Den Reichtum trägt er allein schon in seinem Wesen (das andere geht uns natürlich nichts an), die Stärke beweist er sein ganzes Leben lang. Richard, Du bist sprichwörtlich vielen jahrzehntelang, beruflich ausgedrückt, auf’s Dach gestiegen, hast verhindert, dass es ihnen in’s Haus reinregnet. Diesen Schutz, bildlich könnte man beinahe sagen diese „Schirmherrschaft“, den Du ungezählten Menschen ganz existentiell geschaffen hast, den hast Du in gleicher Weise auch auf Deine zweite Leidenschaft übertragen, die Erhaltung bzw. Wiederherstellung des historischen Stadtbildes in Traunstein. Auch dort bist Du mit Deinen Mitstreitern im übertragenen Sinne bestimmten Personen und Persönlichkeiten solange auf’s Dach gestiegen, bis auch beinahe der letzte von Deinen für die Stadt so segensreichen Ideen überzeugt war. Auch wenn es manchmal etwas gedauert hat, bis man sich der so wichtigen Bedeutung Deiner Ansinnen in der Stadt bewusst wurde, am Ende hat sich dieser Einsatz vielfach ausgezahlt, vor allem für die Stadt, für ihre Bürgerinnen und Bürger.
Jetzt könnte man natürlich fragen: Ist das nicht in allererster Linie die Aufgabe eines jeden politischen Verantwortungsträgers, dafür zu sorgen, dass das Gesicht seiner Stadt erkennbar, im Idealfall unverwechselbar bleibt? Damit verbunden ist natürlich die große Hoffnung, dass man es als großes Privileg anerkennen möge, eben nicht rein funktional, austauschbar und beliebig zu sein, und keine unter leider so zahlreichen Städten, die später einmal ihre baulichen Unterlassungen, um nicht zu sagen Sünden bereuen müssen.
Nun, das zu bewerten soll aber erstens nicht Inhalt dieses Festabends sein, und zum zweiten durfte man in den vergangenen Jahrhunderten in Traunstein diesbezüglich doch viel mehr Positives als Negatives feststellen, in den letzten Jahrzehnten vor allem auch dank Dir und des Fördervereins Alt-Traunstein.
Heute abend stehen genau aus diesem Grunde großer Respekt und große Dankbarkeit im Fokus, dafür, dass es Menschen wie Dich gibt, lieber Richard, die jenseits irgendwelcher Verantwortlichkeiten sich berufen und aufgefordert fühlen und schon immer fühlten, ihren Teil beizutragen, dass das Schöne, das kulturell Wichtige und Bedeutsame, das, wie gerade beschrieben, Unverwechselbare, das einer Stadt in großem Maße Identität Stiftende herausgestellt wird. Dadurch bleibt das historische Fundament erhalten, dadurch wird es der Stadt in Teilen sogar wieder zurückgegeben. Wir leben ja nun in einer sich immer schneller drehenden Welt, die von pausenloser Wachstums -und Veränderungsgier geprägt ist und in der nicht selten die historische Substanz von Städten vernachlässigt, wenn nicht sogar in den Schatten oder ins Abseits gestellt wird. Etliche missratene Nullachtfünfzehn-, rein zweckorientierte Funktionsgebäude in sovielen Städten Deutschlands sind ein trauriger Beweis hierfür. Es ist nicht zuletzt deshalb eine schöne, ehrenvolle und stets notwendige Aufgabe, dauerhaft aus dem Hamsterrad des unentwegten „Schneller, Höher, Weiter“ der modernen baulichen Entwicklung in den Innenstädten auszubrechen und sich des Wertes derjenigen Gebäude bewusst zu werden, die die historisch gewachsene, bauliche Keimzelle einer Stadt wie Traunstein darstellen. Dieser unschätzbare Wert begründet und sichert dauerhaft gesellschaftliches Fortkommen.
Natürlich ist dabei der ausschließlich rosarot gefärbte Blick in das „Früher war alles besser und schöner“ nicht zielführend und ja auch nicht richtig. Aber gerade wenn man sich die Innenbereiche vieler historischer Städte vor Augen hält, so möchte man sich nicht selten abwenden und fragen: Wie konnte man das nur zulassen? Wo ist das Gespür für das Ästhetische? Wo ist das historische Bewusstsein? Geht es nicht viel zu häufig nur um schnelle Rendite für einen Investor, der den kurzfristigen Ausgleich eventueller finanzieller Defizite in einem städtischen Haushalt zu versprechen scheint? Dabei möchte ich natürlich eines nicht außer Acht lassen. Nach dem zweiten Weltkrieg lagen ungezählte Städte in Schutt und Asche, ein Wiederaufbau nach historischem Vorbild war auch deshalb nur erschwert oder gar nicht realisierbar, weil in kürzester Zeit die für das Wiederaufleben der Menschen notwendige Infrastruktur wiederhergestellt werden musste. Aber dennoch: Mussten viele Bausünden in den Innenstädten, vor allem aus den 60er und 70er Jahren wirklich sein? Man denke hierbei an an zentralster Stelle gelegene, häufig lieblos gestaltete Einkaufszentren, an große Ketten gebundene Dienstleistungsgeschäfte und dergleichen mehr. Und was passiert, wenn sich die Investoren zurückziehen? Die Innenstädte veröden und sterben peu a peu aus.
Traunstein jedenfalls kann sich noch glücklich schätzen, dass es ein an den allermeisten Stellen vergleichsweise intaktes, sehr schönes und eben historisches Innenstadtbild sein eigen nennen darf. Das hängt zum einen daran, dass Traunstein, vor allem wegen des Salzes und auch wegen seiner Lage an der Grenze zu Salzburg, das Glück hatte, schon über Jahrhunderte eine weit überregionale Bedeutung zu besitzen. Dessen waren sich die Traunsteiner aber auch die Regierenden in München z.B. bewusst, als man nach dem verheerenden Stadtbrand von 1851 die Stadt in der wunderschönen Form wiederaufbaute, die wir in größeren Teilen heute noch genießen dürfen. Zum anderen sind sich viele Bürgerinnen und Bürger, und entsprechend deren Vertreter im Stadtrat bzw. als Oberbürgermeister, sehr wohl bewusst gewesen, dass ein historisches Gebäude, das einmal weggerissen ist, auch unwiderruflich als Teil der Stadtgeschichte verloren ist. Ich bin überzeugt, dass gerade eine Stadt wie unsere auch künftig Verantwortung dafür trägt, in besonderer und sehr sensibler Weise auf seine bauliche Historie, zu der wir alle, die wir heute leben, nur wenig oder nichts beigetragen haben, zu achten, sie bestmöglich zu erhalten und an nachfolgende Generationen weiterzugeben.
Dann ist auch der, zuweilen etwas inflationär verwendete, Begriff Heimat mit Leben erfüllt, also ein Ort, der wie ein schönes und geschichtsträchtiges, altes Haus ist. Man schaut es gerne von außen an, es hat soviel zu erzählen, es zieht meist bewundernde Blicke auf sich. Das sollte die Bewohner dieses Hauses freilich nicht davon abhalten, die Fensterläden und Türen zu öffnen und modernen Entwicklungen offen zu begegnen. Im Weinbau spricht man hier gerne von neuem Wein in alten Schläuchen. Das Wichtigste aber ist doch: man fühlt sich in diesem Haus sicher und geborgen, man lebt dort gerne und erfreut sich mit all seinen Nachbarn der Einzigartigkeit des Gebäudes. Würde freilich jedes Haus gleich aussehen, würde man den Unterschied zwischen älteren und neueren Häusern nicht mehr wahrnehmen können, insbesondere wenn es die älteren nicht mehr gibt, so würde man sehr wahrscheinlich auch weniger Heimat empfinden. Man würde diesen Platz vielmehr als irgendeinen beliebigen und jederzeit austauschbaren Aufenthaltsort ansehen, an dem man gerade mehr oder weniger zufällig verweilt, dem irgendetwas zu geben oder gar zurückzugeben man wohl kaum eine Veranlassung spürt. Dort, wo jede Menge Zweitwohnsitze in schmucklosen Appartementhäusern das Bild einer Gemeinde nicht unerheblich prägen, kann man davon ein Lied singen.
Gott sei Dank gibt es in Traunstein nicht wenige Beispiele, die unserer Stadt ein besonderes, ein markantes und eben unverwechselbares Aussehen geben. Das hängt natürlich - wie schon erwähnt – in großem Maße mit der überaus reichen Historie dieser Stadt zusammen. Dazu zählt natürlich auch die Ausweisung als Wildbad Empfing und in Folge davon der Bau etlicher herrlicher Villen z.B. an der Herzog-Friedrich- und der Leonrodstraße.
Aber nicht hochgenug einzuschätzen sind, unter ganz anderen Voraussetzungen, die baulichen Maßnahmen bzw. Projekte der vergangenen 40 Jahre, die mit dem Namen des Fördervereins Alt-Traunstein und gerade auch mit Deinem, lieber Richard, verbunden sind und bleiben und die die Traunstein mindestens auf Jahrzehnte hinaus prägen werden.
Eine Rangfolge dieser Maßnahmen ist natürlich völlig unangebracht, jedes Projekt hätte aus meiner Sicht allein schon die Wertigkeit, um Dir dafür den Max-Fürst-Preis zu verleihen. Man denke beispielsweise nur einmal an die Restaurierungen des Löwentors am Auberg, des Obelisken im Stadtpark oder der Blitzkapelle auf dem Wartberg. Vielleicht darf ich aber ganz einfach die beiden Projekte in den Mittelpunkt stellen, die Deine 40jährige Führungsrolle im Förderverein Alt-Traunstein, davon die letzten knapp 25 Jahre als erster Vorsitzender, sozusagen ein wenig einrahmen, zum einen den neuen Salinenpark, zum anderen den Jacklturm. Beides sind stadtbildprägende und nicht mehr wegzudeckende Maßnahmen, beide sind untrennbar auch mit Deinem Namen verbunden, jetzt und hoffentlich in alle Ewigkeit. Wie hat es Dein Freund und großer Mitstreiter Otto Huber, der ja ebenso verdienter Träger des Max-Fürst-Preises ist, so treffend ausgedrückt, als er vor ca. 10 Jahren, ungeachtet erheblichen Gegenwindes, für die Erstellung des Salinenparks geworben hat, für diese jetzt so wunderschön gelungene, historische Stadteinfahrt: Er sprach von einer neuen Visitenkarte der Stadt. Ja, das stimmt tatsächlich. Ich traue mir sogar zu sagen, dass Traunstein ohne diesen neugestalteten Zugang nicht nur ärmer, sondern unvollständig wäre, weil dieser Park mit den angrenzenden Salinenhäusern, der Salinenkapelle, der ebenfalls (privat) restaurierten ehemaligen Fünferpfanne mit dem Salzmühlstadel sowie dem Rupertistadel auf der südlichen Straßenseite, ein ganz bedeutendes Kapitel der Stadtgeschichte repräsentiert, ja wieder sichtbar gemacht hat. Denn was wäre Traunstein ohne sein Salz, das in der früheren Gemarkung Au produziert wurde, das unzähligen Menschen Lohn und Brot sicherte und der Stadt in der weiteren Folge hohen Reichtum bescherte. Vor dem Salzmaier hatte sogar der Bürgermeister Traunsteins den Hut zu ziehen. Rechtzeitig zu einem ganz wichtigen Stadtjubiläum, nämlich der 400jährigen Wiederkehr der Gründung der Saline Traunstein und der damit verbundenen Fertigstellung der Soleleitung von Bad Reichenhall nach Traunstein, ergab sich nun die wohl einmalige Chance, diesen so bedeutenden Aspekt unserer Geschichte erkennbar ins Gedächtnis vieler Traunsteinerinnen und Traunsteiner zu rufen. Dadurch haben sicherlich sehr viele Bürgerinnen und Bürger zum ersten Mal so richtig wahrgenommen, welch kulturellen und historischen Schatz unsere Stadt sein eigen nennen darf. Und das war gar nicht so selbstverständlich, sollte die Soleleitung doch ursprünglich in Siegsdorf enden. Das hat sich aus der Sicht Traunsteins Gott sei Dank anders entwickelt. Na ja, als kleinen Ersatz dafür und als Ausdruck ihrer Größe und Bedeutung haben die Siegsdorfer jetzt zwei Autobahnausfahrten und die Große Kreisstadt nur eine. Ich sag mal mit einem Augenzwinkern: Lieber so als umgekehrt. Aber zurück zum Thema: Traunstein gehörte zwischen 1619 und 1912 zu den wichtigsten Handelsorten Südbayerns, sein ganzer Reichtum und seine weit überregionale Bedeutung bis in die heutige Zeit fussen auf der Herstellung und dem Handel mit dem weißen Gold. Speziell durch Euer Engagement, lieber Richard Kraft, lieber Otto Huber, und, ich möchte es nicht versäumen, gerade auch ihn an dieser Stelle besonders zu würdigen, leider weilt er nicht mehr unter uns, lieber Dietrich von Dobeneck, vor allem durch Eure unbeschreibliche Beharrlichkeit, durch Euren großen Einsatz, auch in finanzieller Sicht, durch Euer Fachwissen, durch Eure Vernetzung ist es gelungen, Stadtgeschichte in ihrer schönsten Form wieder aufleben zu lassen und sie zugleich für nachfolgende Generationen erlebbar zu machen. Nicht wenige, ich gehöre genauso dazu, wünschen sich, wenn sie von der Blauen-Wand-Straße kommend stadteinwärts fahren, dass die Ampel vor dem Salinenpark auf Rot stehen möge, gerne auch etwas länger. Man kann sich am sehr natürlich und nachhaltig gestalteten Park, am Ensemble der Salinenhäuser und an den Ausstellungsstücken im Park, der Reichenbachpumpe und dem Reiffenstuel-Wasserrad , und natürlich auch an den Apothekergärten, gar nicht satt genug sehen. Wenn es denn Abend wird und das ganze Ensemble in wunderschönes Licht getaucht wird, entsteht eine beinahe magische Stimmung. Und besonders erfreulich, der Park wurde sofort von den Menschen angenommen, er ist immer gut besucht. Das war das stets im Vordergrund stehende Ziel, diesen Park zu einem beliebten und belebten Aufenthaltsort für die Bürgerinnen und Bürger und die Gäste Traunsteins zu machen, denn es ist ja ihr Park und ihre Geschichte. Wie oft Du Dich, lieber Richard, gerade in der Bauphase dort aufgehalten hast, das lässt sich wohl kaum erahnen. Beurteilen kann dies vor allem Deine liebe Gattin Christine. Gefühlt hast Du in der Au einen Zweitwohnsitz eingerichtet. Hast Du den damals eigentlich auch angemeldet? Gerüchten zufolge soll Deine Christine diesbezüglich beim Einwohnermeldeamt besorgt nachgefragt haben, da sie Dich sehr oft zuhause vermisst hat. Und wenn Du dann doch wieder einmal zuhause vorbeigeschaut hast, da hat sie schon sehr genau hinschauen müssen, ob es wirklich Du bist. Aber so bist Du, und so mag und schätzt Dich jeder in dieser Stadt, übrigens gerade auch Deine Christine. Und was Dich so besonders macht: Du redest nicht um den heißen Brei herum, Du packst an. Du fragst nicht nach Verantwortung, Du übernimmst sie, Du bedauerst nicht Schwierigkeiten oder Probleme, Du löst sie. Pragmatisch, zupackend und das Ziel nie aus dem Auge verlierend, das zeichnet Dich seit jeher aus, ob im Beruf als Dachdeckermeister und Chef einer mittelständischen Firma oder ehrenamtlich im Förderverein Alt-Traunstein. Max Fürst wäre stolz auf Dich. Wir alle sind es!
Genauso stolz würde er auch ein zweites Bauprojekt betrachten und guttieren, den Jacklturm an der östlichen Einfahrt zum Stadtplatz. Ich persönlich kam erst im Sommer 2000 nach Traunstein, ich kenne die Stadtplatzsilhuette gar nicht anders als mit dem Turm. Ich mag sie mir auch gar nicht anders vorstellen. Dieser Turm vervollständigt das Bild unseres so schönen und stattlichen Stadtplatzes und schließt es in perfekter Art und Weise nach Osten hin ab. Wie würde denn der Stadtplatz aussehen ohne den Jacklturm? Da fällt mir doch glatt ein Vergleich ein. Für mich wäre das wie Erdbeerkuchen ohne Sahne. Man kann ihn natürlich genussvoll essen, er schmeckt auch sehr gut, aber mit Schlagobers schmeckt er -wenigstens mir – doch noch viel besser und schaut noch runder und erhabener aus. Auch beim Jacklturm hast Du mit deinen Mitstreitern das Bild dieser Stadt geprägt. Ich möchte hier ganz besonders und mit großer Dankbarkeit und ebensolchem Respekt an den ehemaligen zweiten Bürgermeister Max Burghartswieser und den früheren Stadtbaumeister Rudolf Simhofer erinnern, die damals Großartiges geleistet haben. Ob die beiden wohl auch gerne Erdbeerkuchen mit Sahne gegessen haben?
Übrigens, ich vermute mal, beim Salinenpark weiß ich es ja ganz gewiss, dass es bei den ersten Gedanken zu einem Wiederaufbau des Jacklturms auch nicht immer ausschließlich Zustimmung gab, dass manche Bürgerinnen und Bürger, vielleicht auch solche, die im Stadtrat saßen, sich zunächst schwer taten mit dieser Veränderung. Freilich gab es den östlichen Stadtturm bereits vor dem großen Stadtbrand von 1851, dem dieses Bauwerk wie soviele andere im Stadtzentrum zum Opfer fiel. Beinahe genau 150 Jahre später konnte diese Lücke im Jahr 2000, fast zeitgleich mit der Neugestaltung des Stadtplatzes, geschlossen und der Jacklturm feierlich wiedereröffnet werden. Seither wacht er – weithin sichtbar - über die Stadt und gehört zu ihrer Silhuette, genauso wie die Stadtpfarrkirche St. Oswald, die Klosterkirche, das alte Kurhaus oder etliche andere stadtbildprägende Gebäude. Der Blick aus dem obersten Stockwerk gehört mit Sicherheit zu den schönsten Traunsteins.
Und alle Traunsteinerinnen und Traunsteiner, die zu Beginn vielleicht noch etwas skeptisch waren, die sind nicht nur von der Schönheit des Turms, sondern auch seiner historisch begründeten Berechtigung vollends überzeugt, so wie diejenigen, die von Anfang an mit Feuereifer dabei waren. Aber das spielt in der Nachsicht sowieso keine Rolle, Hauptsache wir haben die Historie in würdiger Form erhalten oder wie eben hier wieder zurückgeholt in die Stadt.
Wie wird es doch sooft und aus meiner Sicht völlig zurecht erwähnt: Nur wer weiß, wo er herkommt, der weiß auch, wohin er gehen kann oder muss. Nur wer die Historie im Auge behält, wird eine erfolgreiche Zukunft sein eigen nennen können. Traunstein hat eine ganz besondere Stadtgeschichte, sie zu bewahren und wo nötig baulich wiederherzustellen, hat sich der Förderverein Alt-Traunstein seit jeher auf seine Fahnen geschrieben. Salinenpark und Jacklturm sind nur zwei Beispiele, die dies besonders gut verdeutlichen. Es werden auch bestimmt nicht die letzten sein, so will ich wenigstens hoffen. Ich wünsche mir, dass Dein und das Erbe des Fördervereins Alt-Traunstein auch in 100 Jahren noch Beachtung finden, dass man sich immer wieder dankbar daran erinnert und dessen besinnt, wie wichtig der Einsatz für die Erhaltung der eigenen Geschichte ist.
Lieber Richard, Du hast Dich in den vergangenen Jahrzehnten wie nur wenige um Deine Stadt verdient gemacht. Die Ehrenmedaille der Stadt Traunstein für Deine großartigen Verdienste durfte ich Dir im Jahre 2019 überreichen. Die Verleihung des Max-Fürst-Preises durch den Historischen Verein für den Chiemgau zu Traunstein am heutigen Tag ist für mich nicht nur folgerichtig, sondern eine ganz besonders wertvolle, eine ungemein authentische Auszeichnung. Und auch, wenn dieser Preis vor allem ein symbolischer Dank ist, so sei gewiss, er kommt aus ganzem Herzen und mit tiefster Überzeugung. Diesen Dank und die dazugehörige Anerkennung schuldet Dir die Stadt Traunstein und damit alle, ob sie nun hier dauerhaft wohnen oder gerade zu Besuch sind. Wir alle – und ganz bestimmt auch Max Fürst - freuen uns – wie heißt es so schön – ganz sakrisch mit Dir und lassen Dich alle hochleben.
Vergelt’s Gott, herzlichen Glückwunsch, alles Liebe und Gute für die Zukunft und weiterhin diese Kraft, lieber Richard.